Mythos #1: „Die entstehen einfach so…“

Ich habe mich entschieden ab und zu einen Beitrag zu den „Mythen und Fakten“ der fresh expressions of Church zu posten. Wie schon in England vor 10 Jahren wird auch in Kontinentaleuropa der Begriff gerne für alles mögliche verwendet. Das ist an und für sich nicht schlimm, ist doch kirchliche Bewegung und Erneuerung anzustreben. Mir ist es aber ein Anliegen, dass die Begrifflichkeiten doch klar sind und dementsprechend verwendet werden. Deshalb die neue Serie: Mythen und Fakten.

Der erste Beitrag entstammt aus einem kürzlichen Mailkontakt mit einem befreundeten Pfarrkollegen. Er schrieb mir folgendes:

„Liebe Sabrina, ein Anliegen von mir: im Zusammenhang von Reformdebatten bekomme ich immer wieder den Eindruck von der Kirchenleitung, dass Fresh Expressions einfach so entstehen würden – wenn wir den fusionieren. Die Fusionen ermöglichen Fresh Expressions erst. Ich habe die Vermutung, dass die allermeisten der Fresh Expressions in Englang und anderswo aus lebendigen Kirchgemeinden entstanden sind. Das heisst: ohne lebendige Kirchgemeinden auch keine Fresh Expressions. (Natürlich braucht es dann auch noch die Vision, den Mut, etc.) Stimmt meine Vermutung so?“

Hier nun meine Antwort:

„Lieber XY

Ich glaube die folgenden Zahlen belegen genau deine Vermutungen 😉 …Hier nun ein paar Fakten (sie stammen aus zwei noch unveröffentlichten Artikeln, hier der Link zum einen Buch, das bald erscheint: Ekklesiologie der Volkskirche). „Gerade in der Diözese von Liverpool, welche sich seit mehreren Jahren um eine mixed economy bemüht, zeigen sich interessante Veränderungen. Fresh expressions of Church (fxC) und Ortsgemeinden verstehen sich mehrheitlich als partnerschaftliche Ergänzung. So wurden 86 Prozent der insgesamt 78 fxC durch Ortsgemeinden initiiert. Mittlerweile sind 38 Prozent der Gemeinden in dieser Diözese fxC.“

Weiter zahlen und Fakten sind in meiner Dissertation zu finden. Hier ein Auszug aus S.115:

„Von den 2343 registrierten Messy Churches ist nur eine unabhängig von einer Ortsgemeinde entstanden. Alle anderen Messy Churches wurden meist von Freiwilligen aus parochial strukturierten Kirchen gegründet und gefördert und stehen mit der Ortsgemeinde in einer guten und engen Beziehung.“

Weiter argumentiert z.B. auch Angela Shier-Jones, Pioneer Ministry and Fresh Expressions of Church, London (SPCK) auf S.8 folgendermassen: «Most fresh expressions of church arise naturally out of a local church’s participation in the Mission Dei, or mission of God».

Das soll nun nicht heissen, das gar keine fxC unabhängig von Ortsgemeinden entstehen. Es gibt immer wieder grossartige Pionierinnen und Pioniere, welche diese Arbeit völlig unabhängig von einer Ortsgemeinde machen (Vgl. z.B. Venue). Falls dies deine Leidenschaft ist: „go for it“ (- vergiss  aber nicht dich in einer Tradition zu verorten, das hilft). Ich plädiere hier aber dafür, dass wir das Potenzial und die Möglichkeiten der Ortsgemeinde und der Freiwilligen nicht unterschätzen. Ortsgemeinden, welche kontextuell und theologisch offen  denken, zu den Menschen hingehen und liebgewordene Dinge loslassen, die bergen das grösste Potenzial in sich, dass fxC „einfach so entstehen“.

Anmerkung: Grundsätzlich sind fresh expressions of Church weder ein Argument für noch gegen Fusionen. Natürlich kann eine Fusion Ressourcen freilegen für Erneuerung, wenn sie denn auch so eingesetzt werden. Aber die Entstehung von fresh expressions of Church selbst hat viel mehr mit aktiven Kirchgemeinden und leidenschaftlichen Freiwilligen und Angestellten zu tun.

 

Ein Gedanke zu “Mythos #1: „Die entstehen einfach so…“

  1. David Jäggi schreibt:

    Super Idee Sabrina, FAQ’s rund um fxC auf deinem Blog öffentlich darzustellen. Sehr gefreut habe ich mich natürlich über die Erwähnung von venue. Ich würde aber venue nicht als „völlig unabhängig“ von einer Ortsgemeinde sehen. Wir zählen uns zur Ortsgemeinde der Chrischona Stammheim im Sinne der mixed economy, wobei wir von den finanziellen und personellen Ressourcen Stammheims profitieren und im Gegenzug unsere Erfahrungen regelmässig mit der dortigen Ortsgemeinde teilen. Zudem stehen wir in klar (neo-) pietistischer Tradition und setzen uns mit dieser im Sinne der Leitplanken von Kontext und Tradition auch theologisch auseinander (siehe z.B. hier: http://wck.me/ChR). Bei evangelischen Freikirchen gibt es nicht die klassisch parochiale Struktur, was die Anbindung weniger durchsichtig macht und dafür zuweilen recht unkompliziert über Kantonsgrenzen hinaus (ZH-TG) ermöglicht.

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