Merkmale urbaner Kirche

Philipp Kohli

Paulus gründet in Philippi eine christliche Gemeinde. Die Personen, die im Bibeltext aus Apostelgeschichte 16 als erste Gemeindeglieder erwähnt sind, unterschieden sich wesentlich. Da ist Lydia, eine wohlhabende Geschäftsfrau, dann ein Sklavenmädchen und dazu der Gefängnisaufseher, ein römischer Offizier. Schon in Philippi im ersten Jahrhundert zeigt sich ein bis heute wesentliches Merkmal einer Stadt: Die Vielfalt der Menschen, die auf engem Raum zusammenkommen. Ich entdecke in dieser christlichen Gemeinschaft in Philippi einen Prototyp urbaner Kirche. Natürlich ist die Situation nicht nur simpel auf heute zu übertragen, zu unterschiedlich sind Kultur und Zeitgeist. Aber mir sind Themenfelder aufgefallen, in denen Konzepte heutiger urbaner Theologie anklingen. Folgende Merkmale stechen für mich heraus:

Versöhnung: Diese Kirche in Philippi überwindet die tiefen Gräben, die durch die damalige Gesellschaft gingen. Ich sehe in der Taufe der drei ganz unterschiedlichen Menschen einen Akt mit einem starken prophetischen Charakter. In Christus werden diese Menschen zu einem symbolischen Leib verbunden und damit die Gräben zwischen den Schichten und Kulturen überwunden. Das macht urbane Kirche aus, dass sie sich um Verbindung und Versöhnung bemüht und dass sie mit dem gelebten Miteinander unterschiedlicher Menschen ein prophetisches Zeichen für die gesamte Stadtbevölkerung setzt: Sie stellt die Möglichkeit des Miteinanders dar.

Gemeinschaft: Es ist beschrieben, wie sich die Gruppe regelmässig im Haus der Lydia getroffen hat. Bei diesen Treffen fand mit grosser Wahrscheinlichkeit ein gemeinsames Essen, gemeinsames Singen, Gebet und christliche Bildung statt. Hier sehe ich den priesterlichen Charakter von urbaner Kirche. Dass sie Menschen Heimat und mitmenschliche Wärme bietet. Dass sie ein Ort ist, wo Nöte geteilt werden und füreinander gebetet wird. Dass Kirche fruchtbaren Boden bietet, auf dem sich Menschen entfalten können.

Bild: Remi Walle

Ermächtigung: Ich gehe davon aus, dass die in neutestamentlichen Gemeinden übliche Fürsorge für notleidende Menschen auch in Philippi gängige Praxis war. Da in dieser jungen Gemeinde kaum eine professionelle Organisation zu erwarten ist, gehe ich davon aus, dass alle mitgeholfen haben. Die von Paulus im Korinther- und Römerbrief gemachten Anweisungen für die diakonische Mitarbeit aller Gemeindeglieder hätten so auch an Philippi gehen können. Hier sehe ich ein auch heute wesentliches Merkmal von urbaner Kirche. Dass Kirche die Nöte der Menschen in der Stadt wahrnimmt und ihnen mit Einbezug von Freiwilligen unbürokratisch begegnet. Hier klingt der königlicher Aspekt von christlichem Handeln an, dass Kirche Menschen bevollmächtigt die befreiende Herrschaft Christi nach aussen zu tragen und in die Welt hinaus aufzubrechen.

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